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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 17.04.2003
Aktenzeichen: 16 UF 242/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

BGB § 1570
BGB § 1612 b Abs. 5
ZPO § 91
ZPO § 92
ZPO § 708 Nr. 10
GKG § 17 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Stuttgart - 16. Zivilsenat - - Familiensenat - Im Namen des Volkes Urteil

16 UF 242/02

Verkündet am: 17. April 2003

In der Familiensache

wegen nachehelichen Unterhalts und Kindesunterhalts

hat der 16. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

auf die mündliche Verhandlung vom 27.02.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Saulgau vom 02.10.2002 in seinen Ziffern 2-4 und im Kostenpunkt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Ziffer 1 nachehelichen Unterhalt gemäß § 1570 BGB von insgesamt 9.275,-- € für die Zeit vom 01.10.2001 bis einschließlich Februar 2003 sowie ab März 2003 von monatlich 540,-- € zu bezahlen, fällig monatlich im Voraus, die Rückstände sofort.

2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Kinder A. und J., beide geboren 00.11.1995, sowie S., geb. 00.11.1998 (Klägerinnen Ziffer 2-4) folgenden Unterhalt zu Händen der Klägerin Ziffer 1 zu bezahlen, fällig monatlich im voraus, die Rückstände sofort:

a.) An A. und J. rückständigen Unterhalt für die Zeit von Oktober 2001 bis einschließlich Februar 2003 von insgesamt noch je 632,93 € und ab 01.03.2003 von monatlich je 231,-- €,

b.) an S. rückständigen Unterhalt für denselben Zeitraum von insgesamt 495,69 € und laufenden Unterhalt ab 01.03.2003 von monatlich 177,-- €.

3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug werden gegeneinander aufgehoben. Von den im Berufungsverfahren entstandenen Kosten trägt die Klägerin Ziff. 1 je 1/4 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Beklagten sowie 35 % der eigenen außergerichtlichen Kosten. Die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

14.064,-- €, wovon auf den Ehegattenunterhalt 9.996,-- €, auf den Kindesunterhalt für A. und J. je 1.470,60 € und auf den Kindesunterhalt für S. 1.126,80 € entfallen.

Gründe:

I. Tatbestand:

Die Parteien streiten über Kindes- und Ehegattenunterhalt, und zwar im Berufungsverfahren nur noch ab 01.10.2001, d.h. für die nacheheliche Zeit (die Scheidung der Klägerin Ziffer 1 und des Beklagten ist rechtskräftig seit 11.09.2001). Das Familiengericht hat der Klägerin Ziffer 1 (im folgenden nur Klägerin) ab Oktober 2001 monatlich 833,-- € Ehegattenunterhalt und den unter ihrer Alleinsorge und Obhut stehenden Klägerinnen Ziffer 2-4, den gemeinsamen Töchtern A. und J., beide geboren 00.11.1995, sowie S., geboren 00.11.1998, jeweils Unterhalt in Höhe von 135% des Regelbetrages abzüglich des hälftigen Kindergeldes (beziffert) zugesprochen. Der Beklagte möchte mit seiner Berufung erreichen, dass er keinen Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt nur in Höhe von je 108,45 € für die Zwillinge und 83,10 € monatlich für S. bezahlen muss. Er verteidigt sich mit fehlender Leistungsfähigkeit und damit, dass von ihm auf Grund einer in einem früheren Stadium des Verfahrens ergangenen einstweiligen Anordnung des Familiengerichts geleistete Kindesunterhaltsbeträge auf den Unterhalt zu verrechnen seien.

Letzteres ist unstreitig. Im Streit steht allein die Leistungsfähigkeit des Beklagten. Zum Streitstand in erster Instanz wird auf das ausführlich begründete Urteil des Familiengerichts Bezug genommen.

Die Klägerin betreut die gemeinsamen Töchter, geht daneben keinem Erwerb nach und hat, abgesehen vom Bezug des Kindergeldes sowie Sozialhilfe- und Unterhaltsvorschussleistungen, kein eigenes Einkommen. Die Sozialleistungsträger haben die auf sie übergegangenen Ansprüche zum Zweck gerichtlicher Geltendmachung auf die Klägerin bzw. Kinder rückübertragen, wie die Klägerin mit dem ihr nachgelassenen Schriftsatz vom 12.03.2003 nebst Anlagen belegt hat. Zweifel an ihrer Empfangszuständigkeit für den zuzusprechenden Unterhalt sind damit ausgeräumt.

Der Beklagte betreibt seit dem Wirtschaftsjahr 2000/2001 eigenverantwortlich einen landwirtschaftlichen Betrieb (in erster Linie Schweinemast, in untergeordnetem Umfang Milchwirtschaft und Pflanzenproduktion). Er bewohnt das dem Betrieb angegliederte Wohngebäude, das im Eigentum seiner Eltern steht, aufgrund eines ihm von den Eltern eingeräumten Wohnrechtes. Während des Zusammenlebens der Parteien hat er es mit erheblichem finanziellen Aufwand (teils Eigenmittel, überwiegend aber fremdfinanziert) teilrenoviert. Auf die hierfür aufgenommenen Darlehensverbindlichkeiten zahlt er monatlich 1.155,-- DM (591,-- €). Das Haus verfügt über keine von der seinen abgetrennte Wohnung, die gesondert vermietbar wäre.

Streitig zwischen den Parteien ist der von ihm nachhaltig erzielte Gewinn aus der Landwirtschaft, der Wert mietfreien Wohnens und die Berücksichtigungsfähigkeit der hierfür zu entrichtenden Zahlungen auf das Finanzierungsdarlehen.

Das Familiengericht hat die Einkünfte aus der Landwirtschaft auf der Basis eines Vierjahresschnitts unter Einbeziehung auch der letzten Wirtschaftsjahre, in denen der Betrieb vom Vater geführt wurde (der Beklagte hat seinerzeit im Betrieb mitgeholfen) mit sachverständiger Hilfe ermittelt und kam auf einen durchschnittlichen (teilweise bereinigten) Jahresgewinn von 86.150,-- DM. Es hat dem Beklagten eine Rücklage für zu erwartende künftige Einkommensteuern von jährlich 5.000,-- DM zugebilligt und unstreitig erforderliche Beträge für die Altersvorsorge von jährlich 4.152,-- DM und für die Kranken- und Pflegevorsorge von jährlich 7.188,-- DM abgezogen und dem Beklagten vom Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit eine Berufsaufwandspauschale von 5 % zugestanden. Es hat des weiteren einen angemessenen Wohnvorteil von 500,-- DM hinzugerechnet, die Darlehensverbindlichkeiten in voller Höhe abgezogen, ferner den Kindesunterhalt mit den sich aus § 1612 b Abs. 5 BGB ergebenden Zahlbeträgen, und das verbleibende Einkommen um einen Bonus für Erwerbsanreiz von 10 % bereinigt.

Die Klägerin wendet sich gegen den Ansatz einer Berufsaufwandspauschale, des Bonus' für Erwerbsanreiz und die hohe Diskrepanz zwischen dem vom Familiengericht angesetzten angemessenen Wohnwert und dem Abtrag auf die Hausschulden, die man wie auch immer zu ihren Gunsten korrigieren müsse.

Der Beklagte ist nicht damit einverstanden, dass beim Gewinnansatz nicht berücksichtigt wurde, dass er den Betrieb ohne tätige Mithilfe seiner Eltern, die hierfür keinen Lohn bekommen, nicht rentabel führen könnte. Außerdem bezweifelt er, ob es richtig ist, die Gewinnprognose auf Vergangenheitsergebnisse zu stützen, die der Beklagte nicht selbst, sondern der frühere Betriebsinhaber erwirtschaftet hat. Er hat im Berufungsverfahren die Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 vorgelegt, die dem Familiengericht noch nicht vorlag, und möchte, dass die hieraus ersichtliche negative Gewinnentwicklung bei der Einkommensermittlung berücksichtigt wird.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Entscheidungsgründe:

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten hat, was die Höhe des Unterhalts angeht, nur hinsichtlich des Ehegattenunterhalts einen Teilerfolg. Hinsichtlich des Kindesunterhalts bleibt es bei der vom Familiengericht zuerkannten Höhe des Unterhalts, doch sind vom Beklagten unstreitig bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung geleistete Zahlungen bei der Rückstandsberechnung zu berücksichtigen. Im übrigen ist die Berufung unbegründet.

1. Einkommen des Beklagten:

a) Dem Familiengericht ist uneingeschränkt darin zu folgen, dass es bei der Einkommensermittlung sich weder auf die vom Beklagten getätigten Entnahmen noch auf fiktive Größen (Wirtschaftskraft eines "Musterbetriebes" des entsprechenden Zuschnitts; fiktiver Lohn eines Betriebsleiters; bei Betriebsumstrukturierung erreichbarer fiktiver Gewinn) gestützt, sondern die in den vergangenen Wirtschaftsjahren vom Betrieb tatsächlich erzielten Gewinne zur Grundlage der Einkommensberechnung gemacht hat. Der Beklagte muss den Unterhalt aus den Erträgen bezahlen, die der Betrieb abwirft, so wie er steht und liegt. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit nach fiktiven Einkünften aufgrund eines "rechtmäßigen Alternativverhaltens" setzte voraus, dass der Beklagte seine Arbeitskraft für den Betrieb entweder nicht optimal einsetzt oder der Betrieb auf Dauer keinen nennenswerten Gewinn abwirft, während andere Erwerbsquellen höhere und/oder besser gesicherte Einkünfte versprechen. Für beides gibt es keinen Anhaltspunkt. Die Höhe der in einem Kalenderjahr getätigten Entnahmen gibt auch keinen Aufschluss über die nachhaltige Ertragskraft des Betriebes. Nur zur Gewährleistung des Existenzminimums der Berechtigten und regelmäßig auch nur für abgeschlossene Zeiträume, in denen den Gewinn übersteigende Entnahmen tatsächlich getätigt wurden, könnte man die Leistungsfähigkeit hiernach bemessen.

Ebenfalls richtig ist es, dass das Familiengericht die Betriebsergebnisse der letzten drei Wirtschaftsjahre mit einbezogen hat, in denen der Betrieb noch vom Vater geführt wurde. Denn wie das Familiengericht bereits zutreffend ausgeführt hat, ist die Identität des Betriebs gewahrt. Am wirtschaftlichen Zuschnitt des Betriebes hat sich beim Wechsel der Betriebsleitung nichts geändert. Die einzige Änderung liegt darin, dass früher der Vater den Betrieb verantwortlich geleitet und der Sohn mitgearbeitet hat, während es ab Mitte 2000 umgekehrt war.

Allerdings wird die Gewinnermittlung, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, von Aufwandspositionen bestimmt, die sich während der Betriebs-inhaberschaft des Vaters etwas anders darstellen als beim Wechsel auf den Sohn. Der Beklagte betreibt den Betrieb als Pachtbetrieb; das Betriebsinventar ist nicht in sein Eigentum übergegangen; dessen Erhaltung obliegt dem Verpächter und oblag bis zum Wechsel der Betriebsinhaberschaft dem Alleinunternehmer, weshalb sich bei ihm die Abschreibung auf die Sachanlagen gewinnmindernd auswirkt, die beim Beklagten nicht anfällt, während umgekehrt der Beklagte Pachtzahlungen an den Vater erbringen muss, die der Vater als Betriebsinhaber nicht erbringen musste. Will man anhand der Vergangenheitsergebnisse den Gewinn ermitteln, den der Beklagte als Pächter nachhaltig erzielen kann, muss man schon für die Vergangenheit so rechnen, als hätte der Betriebsinhaber Pachtzahlungen in entsprechender Höhe wie nachfolgend der Beklagte erbringen, dafür aber keine Absetzungen für Abnutzung hinnehmen müssen. Beide Aufwandspositionen entsprechen einander wertmäßig zwar annähernd, aber nicht vollständig: Auf Seiten des Beklagten geht das Gericht von einer nachhaltigen Belastung durch Pachtzahlungen in Höhe von 88.506,-- DM aus, wie sie im Wirtschaftsjahr 2000/2001 erbracht wurden. Für die drastische Erhöhung im Folgejahr fehlt jede nachvollziehbare Erläuterung. Es steht nicht fest, dass die Erhöhung der Pachtzahlungen rechtlich geschuldet und deshalb wirtschaftlich unvermeidbar war, was die Klägerin bezweifelt.

Im Wirtschaftsjahr 1997/98 hat der Vater des Beklagten Pachtzahlungen von 20.897,-- DM und Absetzungen für Abnutzung von 57.239,-- DM, insgesamt 78.136,-- DM verbucht. Ersetzt man diese beiden Positionen durch die vom Beklagten fiktiv zu erbringende Pacht, ergibt sich ein korrigierter Gewinn von 74.831,-- DM.

In den beiden Folgejahren beliefen sich die Absetzungen für Abnutzung (zum Teil vom Sachverständigen korrigiert) beim Vater auf 59.607,- DM bzw. 70.635,-- DM, die Pachtzahlungen auf 20.960,-- DM bzw. 21.561,-- DM.

Korrigiert man den vom Sachverständigen ermittelten, bereinigten Gewinn für die beiden Wirtschaftsjahre in entsprechender Weise, so ergäben sich korrigierte Gewinne von 101.650,-- DM bzw. 90.390,-- DM, wie aus der nachfolgenden Übersicht ersichtlich. Im folgenden Wirtschaftsjahren, in dem der Beklagte bereits Betriebsinhaber war, ist keine Korrektur veranlasst.

Angesichts der erheblichen Gewinnschwankungen erscheint es dem Gericht erforderlich, auch den Gewinn des Wirtschaftsjahres 2001/2002, der dem Familiengericht noch nicht bekannt war, in die Durchschnittsberechnung einzubeziehen. Hier ist eine Korrektur nach unten veranlasst; die tatsächlich verbuchten Pachtzahlungen von 101.976,-- DM sind aus den bereits erörterten Gründen rechnerisch auf 88.506,-- DM abzusenken.

Schließlich erscheint es sinnvoll, die Gewinne der einzelnen Wirtschaftsjahre, die in die Betrachtung einfließen, unterschiedlich zu gewichten. Dabei kommt den zeitlich näher liegenden Jahren, in denen der Beklagte den Betrieb selbst bewirtschaftet hat, ein höherer Stellenwert zu, als den weiter zurückliegenden. Es erscheint angemessen, diese beiden Wirtschaftsjahre mit dem Faktor 5 zu gewichten, das letzte davor liegende Jahr mit dem Faktor 4, das vorletzte mit dem Faktor 3 und das erste Jahr aus dem Fünf-Jahres-Zeitraum mit dem Faktor 2.

Unter diesen Voraussetzungen errechnet sich, wie aus der Übersicht ersichtlich, ein durchschnittlicher korrigierter Jahresgewinn von 72.034,-- DM:

 Gewinnkorrektur   
Jahr  Gewicht.-
faktorProdukt
1997/98berein. Gewinn nach GA85.201  
 zuzgl. AfA/Pacht78.136  
 abzgl. Pacht 2000/01-88.506  
 korr. Gewinn74.8312149.662
1998/99berein. Gewinn nach GA109.589  
 zuzgl. AfA/Pacht80.567  
 abzgl. Pacht 2000/01-88.506  
 korr. Gewinn101.6503304.950
1999/00berein. Gewinn nach GA86.700  
 zuzgl. AfA/Pacht92.196  
 abzgl. Pacht 2000/01-88.506  
 korr. Gewinn90.3904361.560
2000/01Gewinn lt. Bilanz63.1595315.795
2001/02Gewinn lt. Bilanz33.864  
 zuzgl. Pacht 2001/02101.976  
 abzgl. Pacht 2000/01-88.506  
 korr. Gewinn47.3345236.670
     
 aufsummiert  1.368.637
 durchschn. korr. Jahresgewinn  72.034

Dieser liegt so weit unter dem vom Familiengericht errechneten Durchschnittsgewinn, dass auch eine maßvolle Absenkung der Rücklage für zu erwartende Besteuerung auf 4.000,-- DM geboten ist. Die übrigen Abzugspositionen für Alters- und Krankenvorsorge sind unstreitig.

 durchschn. korr. Jahresgewinn72.034
Steuerrücklage-4.000
Alt.Vors.-4.152
KV/PV-7.188
Saldo56.693
monatlich4.724
in €2.416

Es errechnet sich ein unterhaltsrelevantes Einkommen von jährlich 56.693,-- DM, das sind monatlich 4.724,-- DM oder 2.416,-- €.

Dieser Betrag ist nicht um eine Berufsaufwandspauschale zu ermäßigen, weil sämtliche betrieblichen Aufwendungen beim Selbständigen bereits in der Gewinnermittlung erfasst sind.

2. Dass der so errechnete Gewinn nicht nur auf dem Einsatz des Beklagten, sondern teilweise auch auf der unentgeltlichen Mitarbeit seiner Eltern beruht, rechtfertigt keinen niedrigeren Ansatz. Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Familiengerichts zu diesem Streitpunkt verwiesen. Hierzu ist nur noch zu ergänzen, dass das Familienmitarbeitsmodell, welches der Beklagte mit seiner Herkunftsfamilie praktiziert, nur funktionieren kann, wenn die Eltern weiterhin im Betrieb tätig sind, ohne Lohn zu verlangen. Mit Fremdarbeitskräften könnte der Betrieb, wie der Sachverständige ausgeführt hat, nicht rentabel geführt werden. Der Beklagte müsste ihn aufgeben, für die Eltern entfielen die Pachteinkünfte, sie hätten nur die Wahl, den Betrieb entweder ganz aufzugeben oder wieder selbst zu bewirtschaften mit der Folge, dass die Rentenberechtigung des Vaters endet. Sie haben sich zusammen mit dem Beklagten für die einzig wirtschaftliche Lösung entschieden, die allen eine Existenzgrundlage bietet. Auf dieser Grundlage muss der Beklagte dann auch seine Familie ernähren.

3. Der Wohnwertansatz des Familiengerichts mit 500,-- DM = rund 260,-- €, der in etwa der in den Süddeutschen Leitlinien (Nr. 20 g) in beengten Verhältnissen allenfalls noch tragbaren Warmmiete korrespondiert, ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Abzug für Schuldendienst aus Anlass der Teilrenovierung. Dass damit auch langfristig ein "negativer Wohnwert" festgeschrieben wird, ist unter den gegebenen Umständen unvermeidlich, weil der Beklagte einerseits die Betriebsleiterwohnung nicht aufgeben und sie, schon weil er nicht Eigentümer ist, andererseits auch nicht teilweise "abvermieten" kann; eine wirtschaftlichere Verwertung als die Eigennutzung ist nicht möglich. Auf die zutreffenden Ausführungen des Familiengerichts zu dieser Thematik und auf die mündliche Erläuterung durch den Senat im Verhandlungstermin wird Bezug genommen.

4. Zur nachfolgenden Unterhaltsberechnung, die von der im Termin vorgelegten Berechnung des Senats in einigen Details abweicht, sind folgende Erläuterungen grundsätzlicher Art veranlasst:

a) Muss der Unterhaltspflichtige für Ehegatten und Kinder aufkommen und hat der Kindesunterhalt die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, ist der Kindesbedarf von dem für Ehegattenunterhalt verfügbaren Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen. Im Normalfall legt der Senat einen Kindesbedarf von mindestens 135% des Regelbetrags (der das Existenzminimum der Kinder deckt) zu Grunde, der dem Zahlbetrag nach § 1612 b Abs. 5 BGB zuzüglich des hälftigen Kindergeldes entspricht, weil nur so gewährleistet ist, dass die Kindergeldentlastung, der Zielsetzung des Gesetzes entsprechend, beiden Ehegatten gleichmäßig zugute kommt. Der Vorwegabzug des Kindesbedarfs mit einem niedrigeren Tabellenbetrag als 135% des Regelbetrags führt außerhalb des Mangelfalls dazu, dass sich die Kindergeldentlastung zum Nachteil des Unterhaltspflichtigen auf den Unterhaltsberechtigten verlagert, mithin zu einer Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes. Dem Ehegatten, dessen Einkommen aus Erwerbstätigkeit stammt, wird zusätzlich ein Bonus für Erwerbsanreiz belassen, der mit dem anderen Ehegatten nicht geteilt werden muss.

b) Ergibt sich hiernach für den unterhaltsberechtigten Ehegatten ein "eheangemessener" Bedarf unterhalb des eigenen Existenzminimums, bedarf das Ergebnis der Korrektur, weil sich sonst ein Missverhältnis zum wechselseitigen Lebensbedarf der Beteiligten ergibt (BGH, FamRZ 2003, 363, 365) und eine Zurücksetzung des bedürftigen Ehegatten gegenüber den Kindern, die ihm im Rang gleichstehen, nicht zu rechtfertigen ist. Der Senat hat diese Korrektur bisher dahin vorgenommen, dass der Bedarf des Ehegatten dem Niveau des Kindesbedarfs durch Hochstufung auf den seiner Lebenssituation entsprechenden notwendigen Bedarf (Mindestbedarf) angepasst wurde. Da der so erhöhte Bedarf aus den prägenden Einkünften der Parteien nicht gedeckt werden kann, musste die hierdurch entstehende Deckungslücke aus dem weiteren, für Unterhaltszwecke im Normalfall nicht einzusetzenden Einkommen, nämlich dem Bonus für Erwerbsanreiz und dem Kindergeld aufgefüllt werden, und zwar auf beiden Seiten gleichmäßig (so ist auch im Vergleichsvorschlag gerechnet worden, den der Senat im Termin gemacht hat). Reichte dies nicht aus, kam es zu einer Mangelfallberechnung (anteilige Kürzung des jeweils ungedeckten Bedarfs der gleichrangig Unterhaltsberechtigten, dazu unten c).

Der BGH (a.a.O.) geht, um dasselbe Ziel (Vermeidung eines Missverhältnisses zum wechselseitigen Lebensbedarf der Beteiligten) zu erreichen, den umgekehrten Weg: Er sieht eine Absenkung (im Extremfall den völligen Wegfall) des Vorwegabzugs des Kindesunterhalts zur Errechnung des Ehegattenbedarfs vor, die eine entsprechende Anhebung des Ehegattenbedarfs rechnerisch zwangsläufig nach sich zieht. Soweit sich hiernach Bedarfsbeträge für Ehegatten und Kind/er errechnen, die zwar das jeweilige Existenzminimum nicht erreichen, aber auch nicht erheblich unterschreiten (Untergrenze bei knapp 75% des Existenzminimums, vgl. a.a.O. 366 unter 5.a)aa), ist zu prüfen, ob der Unterhaltspflichtige hierfür leistungsfähig ist; wenn ja, hat es damit (vorbehaltlich einer abschließenden Angemessenheitskontrolle) sein Bewenden, wenn nein, schließt sich die Mangelfallberechnung an.

c) Ob im Mangelfall die - der anteiligen Kürzung zu unterwerfenden - Einsatzbeträge nach festen Sätzen oder individuell zu bemessen sind, war bisher streitig. Die überwiegende Zahl der Gerichte, darunter der BGH, vertrat letztere Ansicht, der Senat in ständiger Rechtsprechung die erstere. Der BGH hat sich nunmehr (a.a.O. 365 f.) der vom Senat schon bisher vertretenen Ansicht angeschlossen. Dem ist zu folgen.

d) Im (von der praktischen Häufigkeit eher schmalen) Zwischenbereich zwischen dem oben a) erörterten "Normalfall" und dem absoluten Mangelfall (oben c), also in den oben b) erörterten Fällen, führen die vom Senat bisher praktizierte Berechnungsmethode und diejenige des BGH trotz des unterschiedlichen Lösungsansatzes regelmäßig zu nahezu gleichen Ergebnissen; errechnet sich nämlich nach der Methode des BGH ein nach den Maßstäben des BGH gerade noch ausreichender, nach Auffassung des Senats aber unangemessen niedriger Bedarf der Unterhaltsberechtigten, führt die Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mit schöner Regelmäßigkeit zu der Feststellung, dass ein Mangelfall vorliegt, und zu der oben c) beschriebenen Berechnung, bei der der Senat dieselbe Methode anwendet wie der BGH. Kommt es dennoch im Einzelfall zu einer unausgewogenen Verteilung der Mittel, kann dies im Wege einer abschließenden Angemessenheitskontrolle bereinigt werden, die auch der BGH zu Recht für unerlässlich hält. Angesichts dieses Gleichlaufs im Ergebnis schließt sich der Senat trotz fortbestehender Bedenken gegen den dogmatischen Ansatz (Leugnung eines unterhaltsrechtlichen Mindestbedarfs in Höhe des Existenzminimums) zur Herstellung einer einheitlichen Rechtsprechung der Berechnungsmethode des BGH an, die voraussichtlich ab 01.07.2003 in die Süddeutschen Leitlinien übernommen wird.

5. Danach errechnen sich Ehegatten- und Kindesunterhaltsansprüche wie aus der nachfolgenden Übersicht ersichtlich:

     Okt-
Nov 01  Dez 01  ab 1/02 
     notw.indiv. notw.indiv. notw.indiv.
     BedarfBedarf BedarfBedarf BedarfBedarf
             
Erw.einkommen Bekl.2.416  2.416  2.416
Wohnwert     260  260  260
Hausschulden     -591  -591  -591
Einkommen für KindesU2.085  2.085  2.085
             
Bedarf A.    253227 307275 308276
Bedarf J.    253227 307275 308276
Bedarf S.    253227 253227 254228
Bedarf K 4    00 00   
Gesamtbedarf KindesU    759680 867777 870780
Deckungsquote KindesU     89,5%  89,6%  89,7%
Saldo Einkommen     1.405  1.308  1.305
Bonus für Erwerbsanreiz     -141  -131  -131
für Eheg.U. präg. Eink.     1.265  1.178  1.175
             
Erw.einkommen Gl berein     0  0  0
sonst. Eink./Schulden     0  0  0
Ges.Einkommen vor Bonus     0  0  0
Bonus aus Erw.eink. - Schulden0  0  0
für UE präg Eink     0  0  0
Gesamteinkommen     1.265  1.178  1.175
Bedarf    730632 730589 730587
Grenzwert SüdL     535  535  535
angemessen?     ja  ja  ja
Deckungsquote UE     86,6%  80,7%  80,4%
angemessen?     ja  ja  ja
             
1. Hürde     632  589  587
2. Hürde     632  589  587
maßgebl. Wert     632  589  587
abzgl. Eigeneink.     0  0  0
Anspruch vorl.     632  589  587
             
Leist.-fähigkeit Bekl.:            
Einkommen bereinigt     2.085  2.085  2.085
Zahlbetrag A.     -184,07  -237,75  -231
Zahlbetrag J.     -184,07  -237,75  -231
Zahlbetrag S.     -176,40  -176,40  -177
Zahlbetrag K 4     0  0  0
Zahlbeträge gem. Kinder     -545  -652  -639
Resteinkommen Schu     1.540  1.433  1.446
Zahlbetrag K 5    00 00 00
Zahlbetrag K 6    00 00 00
Zahlbetrag K 7    00 00 00
vorl. Anspruch Eheg.Unt.     -632  -589  -587
Selbstbehalt     -840  -840  -840
Überschuss/Mangel     68  4  19
Bonus Gläub.     0  0  0
restl. Überschuss/Mangel     68  4  19
Mangelfall?     nein  nein  nein

6. Das vorläufige Ergebnis entspricht nicht in vollem Umfang der Billigkeit. Stellt man die vorhandenen Mittel, die - nach Zahlung des vorläufig errechneten Unterhalts - für die Klägerin einerseits und den Beklagten andererseits verfügbar sind, einander gegenüber, so ergibt sich - unter Berücksichtigung auch des der Klägerin zufließenden Kindergeldes, soweit es nicht zur Deckung des Existenzminimums der Kinder benötigt wird - jeweils ein Übergewicht auf Seiten der Klägerin insofern, als ihr über den eigenen notwendigen Bedarf hinaus mehr zur Verfügung steht als dem Beklagten, der das Einkommen erwirtschaftet. Bedenkt man, dass sich ein solcher Überschuss auf beiden Seiten nur errechnet, wenn der Bonus für Erwerbsanreiz auf Seiten des Beklagten völlig gestrichen und das Kindergeld - welches beide Parteien gleichmäßig entlasten soll - mit einbezogen wird, so kann nur eine (annähernd) umgekehrte Verteilung des Überschusses der Billigkeit entsprechen. Wird statt der vorläufig errechneten Beträge im Zeitraum Oktober/November 2001 ein Unterhaltsbetrag von 585,-- €, im Dezember 2001 ein solcher von 545,-- € und im Folgezeitraum von 540,-- € eingesetzt, erscheint das Ergebnis ausgewogen:

 Billigkeitskontrolle:1. Schritt Korrig.Werte
Okt-Nov 2001Gläub.SchuGläub.Schu
Eigeneinkommen02.08502.085
vorl. Anspruch UE632-632  
Einbezug Bonus/restl. Mangel00  
(vorl.) Zahlbetrag Eheg.Unt.632-632585-585
Kinder beim Gl3 3 
Zahlbetrag Kindesunterhalt545-545545-545
Mindestbedarf Kindesunt.759   
Kindergeld429 429 
Unt. übrige Kinder0000
Gesamteink. beiderseits847908800955
notw. Bedarf/Selbstbehalt-730-840-730-840
Überschuss/Fehlbetrag1176870115

 Billigkeitskontrolle:1. Schritt Korrig.Werte
Dez 2001Gläub.SchuGläub.Schu
Eigeneink. 02.08502.085
vorl. Anspruch UE589-589  
Einbezug Bonus/restl. Mangel00  
(vorl.) Zahlbetrag Eheg.Unt.589-589545-545
Kinder beim Gl3 3 
Zahlbetrag UK652-652652-652
MindBed UK867   
KinderG Gl.429 429 
Unt. übrige Kinder0000
Ges.Eink. Gl/Schu803844760888
notw. Bedarf/Selbstbeh.-730-840-730-840
Überschuss/Fehlbetrag7343048

 Billigkeitskontrolle:1. Schritt Korrig.Werte
ab Jan 2002Gläub.SchuGläub.Schu
Eigeneink. 02.08502.085
vorl. Anspruch UE587-587  
Einbezug Bonus/restl. Mangel00  
(vorl.) Zahlbetrag Eheg.Unt.587-587540-540
Kinder beim Gl3 3 
Zahlbetrag UK639-639639-639
MindBed UK870   
KinderG Gl.462 462 
Unt. übrige Kinder0000
Ges.Eink. Gl/Schu818859771906
notw. Bedarf/Selbstbeh.-730-840-730-840
Überschuss/Fehlbetrag88194166

7. Aufgrund der vom Familiengericht erlassenen einstweiligen Anordnung vom 03.09.2001 hat der Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung (nachfolgende Zahlungen können im Urteil nicht berücksichtigt werden) unstreitig an die Klägerin selbst 8.468,-- DM abzüglich Vollstreckungskosten von 106,05 DM, somit restliche 8.361,95 DM = 4.275,40 € und an das Kreissozialamt 4.650,- € (10 x 450,-- € + 1 x 150,-- €) auf Kindesunterhalt bezahlt. Diese Zahlungen sind entgegen der Rechtsauffassung beider Parteien insgesamt auf den Unterhalt für den streitgegenständlichen Zeitraum zu verrechnen, weil die einstweilige Anordnung nicht in materielle Rechtskraft erwächst, sondern beim Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft tritt (§§ 644 Satz 2, 620 f Abs. 1 Satz 1 ZPO). Diese anderweitige Regelung hat das Familiengericht in seinem (insoweit nicht) angefochtenen Urteil getroffen, worin es den Klägerinnen für die Zeit bis einschließlich September 2001 Unterhalt insgesamt versagt hat, weil ihr Bedarf durch die von der Klägerin Ziff. 1 anlässlich der Trennung abgehobenen 20.000,-- DM gedeckt war. Verrechnet man die Gesamtzahlung von 8.925,40 € auf die Unterhaltsansprüche der Kinder im Verhältnis der jeweils geschuldeten Zahlbeträge, so sind diese für die Zeit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung weitgehend gedeckt. Die noch offenen Rückstände ergäben sich aus der nachfolgenden Übersicht:

|Okt-|Summe|Dez 01|Jan02-|Summe|Gesamt:|Bez.:|Rest: |Nov01|||Feb03|||| Korr. Anspruch|585,00|1.170,00|545,00|540,00|7.560,00|9.275,00|0,00|9.275,00 A.|184,07|368,13|237,75|231,00|3.234,00|3.839,88|3.206,95|632,93 J.|184,07|368,13|237,75|231,00|3.234,00|3.839,88|3.206,95|632,93 S.|176,40|352,79|176,40|177,00|2.478,00|3.007,19|2.511,50|495,69 Gesamt|1.129,53|2.259,05|1.196,90|1.179,00|16.506,00|19.961,95|8.925,40| 11.036,55 Monate|2||1|14||||

8. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 92, 708 Nr. 10 ZPO, 17 Abs. 1 GKG. Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht. In rechtlicher Hinsicht problematisch ist nur, ob der Gewinn des Beklagten auch insoweit in die Unterhaltsberechnung einfließen kann, als er auf der unentgeltlichen Mitarbeit seiner Eltern beruht. Die Antwort hierauf ergibt sich aus den Besonderheiten des Einzelfalls, der kaum verallgemeinerungsfähig ist. Die Rechtssache hat deshalb weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.



Ende der Entscheidung

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